Pausenboot

Komm mit ins Boot!

Zahlreiche Regionen in Bangladesch werden regelmäßig von Überschwemmungen heimgesucht. Hier in Bangladesch sind die Folgen der Erderwärmung und des Klimawandels, sprich die Klimakatastrophe, bittere Realität. Die Auswirkungen treffen die Kinder und Jugendlichen der betroffenen Regionen besonders hart: Sie können ihre Schule nicht erreichen, da der Schulweg und häufig sogar das Schulgebäude selbst überschwemmt werden.

Was ist zu tun?


Der Architekt Mohammed Rezwan hat sich genau diese Frage gestellt und eine geniale Antwort gefunden. „Wenn die Kinder nicht zur Schule kommen, dann muss die Schule zu den Kindern kommen“. Die Idee „Schulschiff“ war geboren. Ein schwimmendes Klassenzimmer kann die Kinder – wie ein Schulbus – abholen und der Unterricht kann auch zu Hochwasserzeiten stattfinden. Mohammed Rezwan ist ein Mann der Tat, er gründete eine humanitäre Organisation und realisierte seine Idee. Heute gibt es 26 Schulschiffe die 6 Tage pro Woche im Einsatz sind. Ein Projekt, das mittlerweile internationale Anerkennung erfahren hat – Rezwan Mohammed wurde im Oktober 2023 in Schweden der Kinderrechtspreis 2023 überreicht.

Mohammed Rezwan mit einem frühen Modell seines Schulschiffs

Eine gute Idee macht Schule

Campus di Monaco ist eine internationale Montessorischule in München, deren Besonderheit darin besteht, dass die Hälfte der Schülerinnen über eigene Fluchterfahrung verfügt. Die Schule ist eine sehr junge Schule, die ihre ersten Jahre in ehemaligen Büroräumen im Bahnhofsviertel verbrachte und mittlerweile einen freundlichen, hölzernen Neubau in Neuperlach im Münchner Osten bezogen hat. Gerade in der Anfangszeit war die Schulfamilie noch auf der Suche nach einem stimmigen Symbol, welches bildhaft ausdrückt und sichtbar macht wofür wir tagtäglich mit unserer Schule einstehen wollen – eine vielfältige, offene und solidarische Gesellschaft. Genau in diesem schwierigen Findungsprozess entstand eine Kooperation mit dem Architekten Rainer Valentin, der Buntstiftung und dem Verein Partnerprojects e.V. Ein echter Glücksfall. Denn Partnerprojects hatte bereits ein Projekt mit dem Architekten Rezwan Mohammed durchgeführt und so erfuhren wir zum ersten Mal von den Schulschiffen und wir waren begeistert, denn wir hatten endlich unser Symbol gefunden. Wir bauen unser eigenes Schulschiff. Schulschiff wird Pausenboot. Die Idee: Gemeinsam mit Schüler*innen, Architekt*innen, Zimmerleuten und einem echten Bootsbauer entwerfen und bauen wir ein eigenes Boot, dass dann mit einer gemeinsamen Parade nach Neuperlach überführt wird und dort mittels eines Krans auf dem Dach der neuen Schule platziert wird. Das Projekt vermittelt nicht nur die Notwendigkeit für Klimaschutz, sondern zeigt auch auf, dass wir mit Berufen im grünen Bereich eine Menge zur Energiewende beitragen können. Zudem eine Branche, mit besonders zukunftssicheren und gut bezahlten Jobs. Die Berufsorientierung ist uns wichtig, deswegen entstand das Projekt Grüne Berufe.

Unser Pausenboot ist dabei nicht nur Symbol, sondern es erfüllt zahlreiche Anforderungen, die wir gemeinsam mit den Schüler*innen erarbeitet haben. So bietet unser Pausenboot: ein Schattendach, ein offenes Klassenzimmer auf dem Dach, Aufhängmöglichkeiten für Hängematten und Boxsäcke, Sitzmöglichkeiten, Solarpanelen und Platz für ca. 20 Schülerinnen und es ist ein dringend benötigter Rückzugsort für die Kinder – und Jugendlichen. Beim Projekt Pausenboot bekamen die beteiligten Schüler*innen Einblicke in jeden einzelnen Planungsschritt bis zur eigentlichen Realisierung. Modelle wurden entworfen und gebastelt. Es wurde in einem langen Prozess gemeinsam festgelegt, welchen Anforderungen das Pausenboot gerecht werden sollte und die Ergebnisse wurden von den Schüler*innen selbst präsentiert und vorgestellt. Unterstützung kam von den Architekt*innen Rainer Valentin und Alena Gebhardt. Die Schüler*innen waren in der Rolle der Auftraggeber*innen und hatten die Aufgabe das Projekt zu leiten.

Hier entsteht das erste verbindliche Modell vom Pausenboot

So besuchten sie in der ersten Planungsphase das Architekturbüro und die Schulbaustelle in Neuperlach. Daraufhin wurde von den Architekten ein Plan auf der Basis der Wünsche und Vorstellungen der Schüler*innen erstellt, der dann wiederum von den Schüler*innen abgenommen wurde und die Phase der Realisierung konnte beginnen – nicht ohne Hindernisse.

Aufgrund des Ukrainekriegs gab es einen Engpass auf dem internationalen Holzmarkt und über viele unerträglich lange Monate war nicht klar, ob wir das für unser Pausenboot benötigte Holz überhaupt geliefert bekommen konnten. Auch hier lernten wir viel über globale Zusammenhänge – wenngleich völlig ungeplant. Schließlich konnte ein Holzhändler gefunden werden, der uns mit den entsprechenden Hölzern weiterhelfen konnte.

Unser Pausenboot nimmt Gestalt an


Im Juli 2022 konnte die Realisierung im Rahmen einer Projektwoche auf dem Gelände des Abenteuer Spielplatzes Utopia in Ramersdorf starten. Unter Anleitung eines echten Bootsbauers, der zwei Architekten sowie durch Mithilfe von Eltern und Ehrenamtlichen konnte das Pausenboot gemeinsam aufgebaut und fertiggestellt werden. Die Kinder spielten bei diesem Prozess die zentrale Rolle. Die vorgefertigten Bootsteile wurden zu einem Grundgerüst verschraubt und dann von den Kindern mit Planken verkleidet. Der Umgang mit Säge und Akkuschrauber wurde für alle beteiligten Kinder zur absoluten Selbstverständlichkeit. Aber nicht nur am Boot wurde gewerkelt. Ein Teil der Gruppe übernahm die Verpflegung der Bootsbaustelle.

Es wurde eingekauft, gekocht und gespült. Am Ende der Projektwoche stand eine gemeinsame Parade der Vielfalt, zu der über 300 Eltern, Nachbarn und Freund*innen der Schule gekommen sind. Höhepunkt der Parade war, als das Pausenboot mit Hilfe eines Autokrans auf das Dach unseres Schiffbaus gesetzt wurde. Dort wurde es wetterfest verstaut.

Mit einer Bootsparade für Vielfalt wurde unser Pausenboot von Ramersorf nach Neuperlach überführt

In der nächsten Phase wurde im Schuljahr 2022/23 das Boot ausgebaut. Eine neue Gruppe von Bootsbauer*innen entwarf und realisierte zwei Flügeltüren für das Pausenboot. Das Material hierfür waren Holzabfälle vom Schulneubau.

Die Pausenbootgruppe im Schuljahr 2022/23 entwarf und realisierte zwei Flügeltüren

Und dann stand die Bootstaufe und Schuleröffnung an. Der Name stand bereits fest. Unser Pausenboot sollte MS Gile heißen, nach der kürzlich verstorbenen Gründerin der Buntstiftung Gile Haindl-Steiner, die mit ihrer Großzügigkeit und ihrem trockenen Witz die geheime Patin unseres Projektes war. Bei der Bootstaufe kam auch die ehemalige zweite Bürgermeistern der LH München, Katrin Habenschaden und viele andere Gäste. Jahan, ein afghanischer Schüler mit eigener Fluchterfahrung sprach auf sehr anrührenden Weise die Ansprache – unser Pausenboot war eröffnet – aber irgendwie fehlte noch ein wichtiger Baustein – es war eine Feier ohne dem eigentlichen Initiator, dem Vorbild des Ganzen dem Schulschiff aus Bangladesch.

Richtfest auf dem Gelände vom Abenteuerspielplatz Utopia am 7.7.2022

Hoher Besuch aus Bangladesch

Wir hatten zwar immer wieder versucht, den Kontakt zu Rezwan Mohammed herzustellen – am liebsten sogar zu beteiligten Schüler*innen aus Bangladesch – aber leider mit relativ geringen Erfolg. Die Situation in Bangladesch war prekär und angespannt und die Zeit und Möglichkeiten für Austausch und engere Zusammenarbeitwar schwer. Gerne wollten wir den Alltag von Schüler*innen in Bangladesch erfahren und einen Einblick in ihre Lebensrealität bekommen.

Aber genau wie beim Schulschiff hieß es dann, wenn wir nicht nach Bangladesch durchdringen können, dann muss der Schulschiff Erfinder Rezwan Mohammed einfach zu uns kommen. Genau das ist passiert. Rezwan kam Anfang Oktober 2023 zu uns an die Schule und stellte sein richtungsweisendes Schulschiff in einem Vortrag vor. Anschließend begutachtete er unser Pausenboot auf dem Schuldach. Gemeinsam wurde der Wunsch formuliert, zukünftig zu Kooperieren und eine kleine Brücke zwischen München und Bangladesch zu spannen. Eine Brücke der Solidarität und der Neugier aufeinander.
Hoffentlich der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die mit viel Leben gefüllt wird.

Gruppenbild mit Mohammed Rezwan am 7. Oktober 23 auf unserem Schuldach

Fortsetzung folgt.

Wir danken allen Kooperationspartnerinnen und Unterstützerinnen die dieses Projekt ermöglicht haben.

Das Pausenboot-Projekt

Projektleitung:
Matthias Weinzierl
Alena Gebhardt
Rainer Vallentin
die Schüler*innen aus dem Kurs Pausenboot (2022/23) (2021/2022),

Projektpartner:
Campus di Monaco – Internationale Montessorischule Architektur
Büro Vallentin & Reichmann
PartnerProjects e.V.
Buntstiftung
Abenteuerspielplatz Utopia
DBU – Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Projektzeitraum:
Schuljahr 2021/2022
Schuljahr 2022 /2023